Dauerschlechtes Wetter

Dauerschlechtes Wetter

Der Theatertipp des Monats Dezember ist ein besonderer Tipp, denn diesmal hat nicht nur ein einzelnes Schattenlicht eine Aufführung gesehen, sondern die gesamte Gruppe: Unser Adventsausflug führte uns ins Maxim-Gorki-Theater zu „Angst essen Seele auf“, vielen bekannt als Fassbinder-Verfilmung aus den 70er-Jahren. Die Geschichte liegt noch geschätzte 20 Jahre länger zurück; sie zeigt die Beziehung zwischen einem jungen Gastarbeiter und einer 20 Jahre älteren Deutschen.

Das karge – quasi nicht vorhandene – Bühnenbild lässt erahnen, wie Deutschland damals auf die Neuankömmlinge wirkte: abweisend, schmucklos, düster und mit dauerschlechtem Wetter. Tatsächlich schneit es während des kompletten Stücks – egal, ob die Szenen außen oder innen spielen. Abweisend sind auch die Menschen, die das Glück des Paares kräftig trüben: Da gibt es keinen einzigen, der den beiden Sympathie oder Verständnis entgegenbringt. Dass man trotz dieses düsteren Bildes einen heiteren Abend verbringt, liegt an der Überzeichnung der Nebenrollen. Während das Paar ganz normal wirkt, ist das ganze Umfeld hochgradig bizarr – von der Familie über Nachbarn und Kollegen bis hin zum Hausverwalter und zum Krämer. Da gibt es so viel zu lachen und zu staunen, dass keine Sekunde langweilig ist.

Einzig die Frage, warum der Hauptdarsteller sich am Stückende dem unmäßigen Genuss von riesigen Mengen von Orangen hingeben muss, lässt die Schattenlichter leicht irritiert zurück. Unser Tipp für alle, die keine Orangenallergie haben: Hingehen!

Wieder am Sonntag, 20.12.2015, und am Mittwoch, 20.1.2016.

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Autor: Elke Brumm

Elke Brumm ist das dienstälteste Schattenlicht. Bei der allerersten Aufführung im Weihnachtsgottesdienst 1985 in der Pauluskirche war sie noch Zuschauerin, aber schon beim zweiten Stück war sie aktiv dabei - und ist es bis heute geblieben. Neben den spielerischen Aktivitäten ist Elke Brumm das organisatorische Rückgrat der Schattenlichter; die studierte Theaterwissenschaftlerin und Germanistin (FU Berlin) macht für die Schattenlichter auch die Pressearbeit und die Programmhefte. Seit 2015 schreibt sie ungefähr einmal monatlich einen Theater-Tipp für den Freundeskreis der Schattenlichter, denn da die Schattenlichter immer nur im Februar spielen, muss man schließlich auch im restlichen Jahr wissen, wo man kurzweilige und inspirierende Theaterabende verbringen kann.