„Die Mauer wird noch in 100 Jahren stehen“

„Die Mauer wird noch in 100 Jahren stehen“

Dieser Theater-Tipp führt Euch am Feiertag, dem Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober 2019, in den Spreewald: In der Paul-Gerhardt-Kirche in Lübben gibt es eine Theaterveranstaltung unter dem Motto „30 Jahre friedliche Revolution“.

Der Theatertext stammt nicht nur von einem Mitglied der Schattenlichter, sondern er ist authentisch, quasi autobiografisch. Warum? Da muss ich etwas weiter ausholen:

Im Mai 1989 lebten wir in West-Berlin im Schatten der Mauer. Während von der anderen Seite „Die Mauer wird noch in 100 Jahren stehen“ herüberschallte, hielten auch wir in Berlin-Zehlendorf die Mauer für unverrückbar, so festgefahren schien die Lage nach 40 Jahren Kaltem Krieg.

Ich war gerade in der 12. Klasse; damals brauchte man an West-Berliner Gymnasien regulär 13 Jahre bis zum Abitur. Für ein Referat in meinem Grundkurs Geschichte musste ich eine Befragung durchführen – mit der Fragestellung: „Wie könnte es zu einer Wiedervereinigung kommen und für wann ist sie wahrscheinlich?“

In Fächern, die mich interessierten, war ich eine recht fleißige Schülerin. Also befragte ich ganze 45 Personen, und zwar nicht nur meine Schulfreunde und Verwandten, sondern auch Menschen in Ost-Berlin und Dresden, in Polen, Frankreich, Algerien und in den USA – eben alle, die ich irgendwoher kannte und von denen ich mir interessante Antworten erhoffte. Das Referat war dann auch recht spannend. Eine Schulstunde war dafür angesetzt – gebraucht habe ich vier.

Die Antwortenden gingen größtenteils davon aus, dass sie selbst eine Wiedervereinigung nicht mehr erleben würden; für so unwahrscheinlich hielten sie eine grundlegende Veränderung der politischen Lage.

Schon fünf Monate später hat uns die friedliche Revolution eines besseren belehrt. Gerade dieses kurze Zeitintervall macht die Antworten meiner Interviewpartner so einmalig!

Ein paar Jahre später überlegte ich, was ich mit diesem historischen Dokument machen sollte, denn dass diese Texte es verdienen, noch von weiteren Menschen außer von meinen Mitschülern gehört zu werden, lag für mich auf der Hand. So schrieb ich ein kleines Theaterstück als Rahmenhandlung zu den 45 Aussagen. Die Idee: Jede Theatergruppe beliebiger Größe kann sich dieses Stücks annehmen, die Rahmenhandlung realistisch spielen und die 45 Stellungnahmen von zwei bis 45 Schauspielern aufführen.

Zu meiner Freude erlebt „Die Mauer wird noch in 100 Jahren stehen“ nun also am 3. Oktober seine Uraufführung. Auf dem Lübbener Theaterflyer stehen die Namen von 14 Mitspielerinnen und Mitspielern, die das Stück unter der Leitung von Ute Köhler darbieten. Offenbar werden Fotos eine Rolle spielen, denn es finden auch die Namen zahlreicher Fotografen auf dem Flyer eine Erwähnung.

Ich selbst habe am 3. Oktober eine leider unverrückbare Einladung, aber ich freue mich, wenn andere Menschen den Weg nach Lübben finden und den Schattenlichtern berichten! Und der Truppe um Ute Köhler wünschen die Schattenlichter Toi toi toi!

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Autor: Elke Brumm

Elke Brumm ist das dienstälteste Schattenlicht. Bei der allerersten Aufführung im Weihnachtsgottesdienst 1985 in der Pauluskirche war sie noch Zuschauerin, aber schon beim zweiten Stück war sie aktiv dabei - und ist es bis heute geblieben. Neben den spielerischen Aktivitäten ist Elke Brumm das organisatorische Rückgrat der Schattenlichter; die studierte Theaterwissenschaftlerin und Germanistin (FU Berlin) macht für die Schattenlichter auch die Pressearbeit und die Programmhefte. Seit 2015 schreibt sie ungefähr einmal monatlich einen Theater-Tipp für den Freundeskreis der Schattenlichter, denn da die Schattenlichter immer nur im Februar spielen, muss man schließlich auch im restlichen Jahr wissen, wo man kurzweilige und inspirierende Theaterabende verbringen kann.

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