Eine surreal anmutende Kulisse mitten im Charlottenburger Wohngebiet

Eine surreal anmutende Kulisse mitten im Charlottenburger Wohngebiet

Wer mal wieder Lust auf Theater hat, aber noch nicht in geschlossene Räume gehen möchte, sollte die derzeitigen lauen Sommerabende so nutzen, wie es gestern Abend sechs Schattenlichter taten: mit einem Besuch des Globe Theater Berlin in der Charlottenburger Sömmeringstraße.

Im nächsten Jahr will das Globe-Ensemble an diesem Ort den hölzernen „Globe Theater“-Bau des Theaters aus Schwäbisch Hall aufgestellt haben – dort gibt es inzwischen einen festen Globe-Theaterbau nach Shakespearschem Vorbild – und diese besondere Location dann dauerhaft bespielen.

Da noch einige Formalitäten zu erledigen sind, hat das Globe Berlin 2020 – wie schon 2019 – zum Prolog-Jahr erklärt und spielt auf einer temporären „Open O Bühne“ in Charlottenburg.

Allein schon für diese Bühne lohnt sich der Weg in die Sömmeringstraße, denn sie besteht aus Teilen des Schwäbisch-Haller Theaterbaus, und auch die noch nicht verwendeten Teile sind schon vor Ort aufgestapelt. Eine surreal anmutende Kulisse mitten im Charlottenburger Wohngebiet!

Die Interimsbühne und der Publikumsbereich sind Corona-konform gestaltet. Das Publikum sitzt mitten im offenen O, auf gut 100 Stühlen mit üppigem Abstand.

Das abwechslungsreiche Programm endet erst Ende September: Es gibt eigene Inszenierungen und Gastspiele. Das Globe Ensemble Berlin zeigt eine neue Inszenierung von Shakespeares „Der Sturm“ und spielt somit ein Stück, das unbedingt auf eine Shakespeare-Bühne gehört. Dass das Ensemble Shakespeare voll drauf hat, hat es schon 2019 eindrucksvoll bewiesen.

Neben wöchentlichen Gastspielen von The Swingin‘ Hermlins (Jazz) und Theatersport Berlin (Improtheater) stehen weitere Konzerte auf dem Programm, beispielsweise die „kleineReise“ des 2PersonenOrchesters (28.8.) und das Taschenbluesorchester (4.9.).

Die Schattenlichter hatten Lust auf Theatersport – kurzweiliges Improvisationstheater, das zwei Gruppen auf Basis der Zurufe des Publikums entwickeln. Gestern gab’s recht anspruchsvolle Wünsche wie die Verwendung des Begriffs „Technologieevangelist“, eine Darstellung des Epos‘ „Ben Hur“ und einen Fallschirmsprung im Trapez. Auch Szenen aus dem gestrigen Tagesablauf des Publikums wurden improvisiert, beispielsweise hatte sich gestern ein Gast aus seiner Wohnung ausgeschlossen. Selbst Lieder und Simultansprache wurden aufgrund dieser Vorgaben spontan erfunden.

Nach jeder Runde stimmt das Publikum ab. Da alle Schauspieler Meister der Improvisation waren und sich im Mittelalter genauso schnell zurecht fanden wie im politischen Jetzt, fiel die Entscheidung äußerst knapp und somit richtig spannend aus.

Im Publikum wachte ein aufmerksamer Gast über den pandemiebedingt erforderlichen Abstand der Improvisierenden auf der Bühne und warnte mit einer Hupe, wenn die Schauspieler Gefahr liefen, sich zu nahe zu kommen.

Es gibt ja diverse Improtheatergruppen, aber die im Globe spielende ist so etwas wie „das Original“: Theatersport Berlin gründete sich 1995 als erstes Berliner Improvisationstheater. Jeder Abend ist einmalig und einzigartig. Hinzu kommt in den Augen der Schattenlichter, die Theater ja immer zugleich als Publikum und als Schauspieler beurteilen, ein großer Vorteil: Die Improschauspieler müssen keinen Text lernen!

Da wir das andere Programm nicht kennen, empfehlen wir vor allem einen Besuch des Theatersports im Globe Berlin – beispielsweise am Montag, 24.8., am Samstag, 29.8., Montag, 31.8., Samstag, 5.9. oder Montag, 7.9. Aber auch Shakespeares „Sturm“ ist sicherlich sehenswert.

Karten gibt es unter www.globe.berlin.

Infos zum Theatersport: www.theatersport-berlin.de

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Autor: Elke Brumm

Elke Brumm ist das dienstälteste Schattenlicht. Bei der allerersten Aufführung im Weihnachtsgottesdienst 1985 in der Pauluskirche war sie noch Zuschauerin, aber schon beim zweiten Stück war sie aktiv dabei - und ist es bis heute geblieben. Neben den spielerischen Aktivitäten ist Elke Brumm das organisatorische Rückgrat der Schattenlichter; die studierte Theaterwissenschaftlerin und Germanistin (FU Berlin) macht für die Schattenlichter auch die Pressearbeit und die Programmhefte. Seit 2015 schreibt sie ungefähr einmal monatlich einen Theater-Tipp für den Freundeskreis der Schattenlichter, denn da die Schattenlichter immer nur im Februar spielen, muss man schließlich auch im restlichen Jahr wissen, wo man kurzweilige und inspirierende Theaterabende verbringen kann.

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