Auch Shakespeare hätte seine Freude daran

Auch Shakespeare hätte seine Freude daran

Alle klagen über die Hitze – nur die Schattenlichter nicht! Sie nutzten gestern Abend die Gelegenheit, sich im „Natur-Park Schöneberger Südgelände“ eine Freiluftaufführung der Shakespeare Company Berlin anzusehen.

Damit waren die fünf Schattenlichter angesichts des lauen Sommerabends nicht alleine: Alle 300 Plätze des Freilufttheaters waren vergeben – größtenteils an Spontanbesucher, die das schöne Wetter nutzen wollten, um „Die Zähmung der Widerspenstigen“ zu erleben.

Schon die Platzierung der Spätkommenden, die sich bis 15 Minuten nach dem eigentlichen Stückbeginn hinzog, war ein abwechslungsreiches Spektakel, das von der Shakespeare-Truppe humorvoll und publikumswirksam abgewickelt wurde. Wem bisher nicht klar war, ob er eine stückgetreue oder eine moderne Inszenierung zu erwarten hätte, der ahnte nun, dass es sich wohl um etwas Modernes handeln würde.

Und so war es denn auch: Die in Padua spielende Geschichte der beiden ungleichen Schwestern Katharina und Bianca, von denen die charmante jüngere erst heiraten darf, wenn sich ein Abnehmer für die kratzbürstige ältere gefunden hat, war durchaus wiederzuerkennen, aber doch so pointenreich und kurzweilig dargestellt, dass selbst Shakespeare seine Freude daran gehabt hätte.

Dabei musste das Ensemble nicht auf Requisiten und Kulissen zurückgreifen – diese gab es kaum -, sondern nutzte vor allem das Mittel der Geräuschkulisse: Wenn ein Dialog im ICE (!) Verona – Venedig erfolgte, gaben die nicht in den Dialog eingebundenen Schauspieler Zugfahr- und Bremsgeräusche von sich, die so echt wirkten, dass sie sich kaum von den Geräuschen der Züge des nahen S-Bahnhofs Priesterweg unterschieden. Untermalt mit den passenden Schlingerbewegungen der Zugreisenden, ergab das einen perfekten und urkomischen Rahmen für die Handlung.

Geräusche dieser Art zogen sich durchs ganze Stück. Das Lieblingsgeräusch der Schattenlichter war ganz eindeutig das extreme Magenknurren der kratzbürstigen Katharina, die von ihrem Frischvermählten auf Diät gesetzt wird, um ihre Widerspenstigkeit zu brechen.

Nur drei Schauspielerinnen und drei Schauspieler reichten in der Inszenierung, um alle 17 Charaktere des Stücks darzustellen. Dies gelang nicht etwa durch Streichungen von Rollen, sondern in Sekundenschnelle schlüpften die Schauspieler von einer Rolle in die nächste. Da genügte eine Mütze, um eine Verkleidung anzudeuten, ein hässlicher Anzug oder ein dummer Gesichtsausdruck, um einen einfältigen Diener darzustellen, und einem Liebhaber der Bianca gelang es sogar, eine Liebesszene des Paares ganz alleine darzustellen.

Stücke mit Moral sind ja so eine Sache; einen erhobenen Zeigefinger bekommt man nicht gerne präsentiert. Aber das Ensemble wusste sich gut von der altbackenen Moral des Stücks zu distanzieren, indem es den Zuschauern ironisch-praktische Tipps gab: „Sie sehen, so eine Zähmung dauert ungefähr zweieinhalb Stunden. Sie müssen sie gegebenenfalls mehrmals wiederholen.“

Dafür und für andere Shakespeare-Genüsse ist noch jede Menge Gelegenheit: „Die Zähmung“ läuft heute Abend um 19 Uhr, „Der Sturm“ vom 14. bis zum 17. August um 20 Uhr, „Verlorene Liebesmühe“ vom 21. bis zum 25. August um 19 bzw. 20 Uhr, „Macbeth“ vom 28. bis zum 31. August um 20 Uhr sowie am 1. September um 19 Uhr und „Der Kaufmann von Venedig“ vom 4. bis zum 8. September um 19 bzw. 20 Uhr. Bei schlechtem Wetter steht der Lokschuppen als Theatersaal zur Verfügung, und wenn das Wetter – wie am vergangenen Donnerstag – während des Stückes umschlägt, wird den Zuschauern sogar Zuflucht auf der Bühne gewährt.

 

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Autor: Elke Brumm

Elke Brumm ist das dienstälteste Schattenlicht. Bei der allerersten Aufführung im Weihnachtsgottesdienst 1985 in der Pauluskirche war sie noch Zuschauerin, aber schon beim zweiten Stück war sie aktiv dabei - und ist es bis heute geblieben. Neben den spielerischen Aktivitäten ist Elke Brumm das organisatorische Rückgrat der Schattenlichter; die studierte Theaterwissenschaftlerin und Germanistin (FU Berlin) macht für die Schattenlichter auch die Pressearbeit und die Programmhefte. Seit 2015 schreibt sie ungefähr einmal monatlich einen Theater-Tipp für den Freundeskreis der Schattenlichter, denn da die Schattenlichter immer nur im Februar spielen, muss man schließlich auch im restlichen Jahr wissen, wo man kurzweilige und inspirierende Theaterabende verbringen kann.

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