George Orwells düstere Vision „1984“ auf einer Sommerbühne

George Orwells düstere Vision „1984“ auf einer Sommerbühne

Eigentlich wollten vier Schattenlichter im Berliner Ensemble das Stück „1984“ – nach dem bekannten Roman von George Orwell – sehen. Leider passten die Termine nicht, und so fanden wir uns gestern Abend im Globe Theater in der Sömmeringstraße 15 in Berlin-Charlottenburg wieder, wo „1984“ in einer Inszenierung des KantTheaterBerlin zu sehen ist. An einem der heißesten Tage des Jahres Theater Open Air zu genießen, ist eine sehr gute Art, den Abend zu verbringen!

Um das Stück und seinen Hintergrund zu verstehen, ist ein Blick ins Internet hilfreich: „1984“ wurde bereits in den Jahren 1946 bis 1948 verfasst. Der britische Autor stand unter dem Eindruck eines soeben zu Ende gegangenen Weltkrieges; er schrieb eine düstere Zukunftsaussicht für das damals fern erscheinende Jahr 1984. Da staunt man, wie aktuell die Handlung heute wirkt!

Orwell schildert einen totalitären Überwachungsstaat aus Sicht des Erzählers Winston Smith, der ein einfaches Mitglied einer diktatorisch herrschenden, fiktiven Staatspartei ist. Der allgegenwärtigen Überwachung zum Trotz versucht Smith, seine Privatsphäre zu bewahren und etwas über die real geschehene Vergangenheit zu erfahren, die von der Partei durch umfangreiche Geschichtsfälschung verheimlicht wird. Dadurch gerät er mit dem System in Konflikt, das ihn gefangen nimmt, foltert und einer Gehirnwäsche unterzieht.

Auch wenn Orwell damals eher an Nazismus und Stalinismus gedacht haben dürfte, passen die geschilderten Methoden auch zu heute existierenden totalitären Systemen. Gruselig!

„Gruselig“ ist auch eine treffende Bezeichnung für die Inszenierung des Kant Theaters. Mit nur einen Schauspieler, der Winston Smith darstellt, und einer Schauspielerin, die die anderen Charaktere der Handlung verkörpert, wird die Anspannung, unter der sich der denkende Bürger befindet, intensiv dargestellt. Da gibt es keinerlei Ablenkung durch Bühnenbild, Kostüme oder Requisiten: Zwei schwarz gekleidete Akteure auf einer leeren Fläche transportieren schonungslos das Geschehen. Das verlangt dem Publikum einiges ab; man ist beim Schlussapplaus fast erleichtert, die Schauspieler auch mal lächeln zu sehen.

Man darf gespannt sein, ob das Berliner Ensemble eine ähnliche Form der Umsetzung wählt oder ganz andere Wege beschreitet.

Unsere Theatertipps:

  1. Globe Berlin – die Saison geht noch bis Mitte September
    https://globe.berlin/

  2. KantTheaterBerlin
    https://www.kanttheaterberlin.de/

  3. Berliner Ensemble
    „1984“ läuft am 31.8., 1.9., 5.10. und 6.10.2024
    https://www.berliner-ensemble.de/inszenierung/1984
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Autor: Elke Brumm

Elke Brumm ist das dienstälteste Schattenlicht. Bei der allerersten Aufführung im Weihnachtsgottesdienst 1985 in der Pauluskirche war sie noch Zuschauerin, aber schon beim zweiten Stück war sie aktiv dabei - und ist es bis heute geblieben. Neben den spielerischen Aktivitäten ist Elke Brumm das organisatorische Rückgrat der Schattenlichter; die studierte Theaterwissenschaftlerin und Germanistin (FU Berlin) macht für die Schattenlichter auch die Pressearbeit und die Programmhefte. Seit 2015 schreibt sie ungefähr einmal monatlich einen Theater-Tipp für den Freundeskreis der Schattenlichter, denn da die Schattenlichter immer nur im Februar spielen, muss man schließlich auch im restlichen Jahr wissen, wo man kurzweilige und inspirierende Theaterabende verbringen kann.