So richtig in Weihnachtsstimmung kommen

So richtig in Weihnachtsstimmung kommen

Heute brachten sich die Schattenlichter im Renaissance-Theater so richtig in Weihnachtsstimmung: In der Komödie „Die Weihnachtsfeier – In der Filiale brennt noch Licht“ geht es um eine Weihnachtsfeier im Kollegenkreis – ein dankbares Szenario, zu dem jedem von uns sicherlich einiges einfallen würde!

Das Stück würde auch auf die Schattenlichter-Bühne passen, denn es gibt
– ein einziges Bühnenbild,
– ein überschaubares Ensemble von sechs oder sieben Schauspielerinnen und Schauspielern,
– zwei Stunden Gesamtlänge,
– eine witzige Grundidee,
– eine kurzweilige Ausführung,
– kontroverse Diskussionen
– und am Ende natürlich einen saftigen Eklat.

Die altgedienten Bankbeschäftigten Frau Müller, Frau Gerber, Frau Schneider, Herr Kaufmann und Herr Maier sowie der Azubi Adrian kommen am letzten Arbeitstag vor den Weihnachtsfeiertagen im Pausenraum ihrer Bankfiliale zum Feiern inklusive Käseigel, Bowle und Karaokeanlage zusammen.

Schon bald treten die ersten Sticheleien zutage, man erkennt, wer mit wem auch privat – oder zumindest heimlich im Tresorraum – etwas zu tun hat, und der Niedergang der Filialkultur wird thematisiert. Je nach Stimmungsschwankungen und Alkoholpegel nehmen die Feiernden das vermutlich bald bevorstehende Ende ihrer Filiale mal gelassen, mal pathetisch, mal fatalistisch hin – und mal auch mit geheimen Lösungsstrategien.

Wer mehr wissen will, muss es sich ansehen – und anhören, denn die Karaokeanlage kommt häufig zum Einsatz, von „Last Christmas“ bis „All I want for Christmas is you“.

Das Stück läuft von morgen bis zum 22. Dezember 2023 noch täglich (außer Montag), und es sind für alle Tage noch einige Karten zu haben. Auch auf den billigen Plätzen in den letzten Reihen (17 Euro) kann man alles gut sehen und hören.

Infos teilen:

Es geht doch nichts über Open-Air-Theater am Abend eines heißen Sommertages!

Es geht doch nichts über Open-Air-Theater am Abend eines heißen Sommertages!

Die kurzweiligste Shakespeare-Inszenierung, die wir je gesehen haben – da waren sich vier Schattenlichter sofort einig, nachdem sie heute Abend „Zwei Herren aus Verona“ im Open-Air-Theater der Shakespeare Company Berlin am Insulaner gesehen hatten.

Von der ersten Minute an kommt die Inszenierung von Shakespeares Frühwerk leichtfüßig, kurzweilig, ideenreich und witzig daher. Sechs Schauspielerinnen und Schauspieler stellen in zweieinhalb Stunden 18 Charaktere dar, wobei auch mal eine leere Ritterrüstung eine Rolle übernimmt oder ein Zuschauer als missgestalteter Hund eingebunden – beziehungsweise angebunden – wird.

Die beiden Herren aus Verona sind die langjährigen Freunde Valentin und Proteus. Valentin will hinaus in die Welt, um am Hofe des Herzogs von Mailand sein Glück zu finden. Proteus hingegen möchte Verona keinesfalls verlassen, da er in die schöne Julia verliebt ist. Doch schon bald wird er von seiner Mutter gezwungen, Valentin an den Hof des Herzogs zu folgen.

Valentin hat sich in Mailand in die Herzogstochter Silvia verliebt, die jedoch nach dem Wunsch ihres Vaters den reichen Adligen Thurio heiraten soll. Auch Proteus verliebt sich in Silvia, und um sich die Gunst des Herzogs zu sichern, ködert Proteus den Herzog und Thurio mit einer geschickten Intrige, die Valentin in die Verbannung zwingt. Inzwischen hat sich Julia als Mann verkleidet nach Mailand aufgemacht, um Proteus wiederzusehen.

Bis zum Schlussakkord geschehen noch viele überraschende Wendungen, durch die das Ensemble sein Publikum in vielen kurzen Szenen und teilweise auch mit gekonnter musikaler Untermalung führt.

Perfekte Unterhaltung für einen schönen Sommerabend, den man nirgendwo anders als unter freiem Himmel hätte verbringen wollen!

Der Sommer hat gerade erst begonnen, also gibt es noch zahlreiche Gelegenheiten, dieses Stück oder sechs weitere Shakespeare-Werke am Insulaner zu sehen.

Infos teilen:

„Oder so“

„Oder so“

Jane Austens „Stolz und Vorurteil“ kennen die Schattenlichter in- und auswendig – schließlich haben sie 2012 eine eigene Bühnenfassung erarbeitet und mit großem Erfolg aufgeführt.

Eine andere Bühnenversion sahen sich drei Schattenlichter gestern Abend in der „Komödie“ an, die derzeit im Theater am Potsdamer Platz gastiert: „Stolz und Vorurteil oder so“ von Isobel McArthur.

Unter der Regie von Christopher Tölle ist da eine ganz eigene Jane-Austen-Welt erstanden: Zwar dreht sich bei Jane Austen alles um die Beziehung zwischen Männern und Frauen, aber „Stolz und Vorurteil oder so“ kommt gänzlich ohne männliche Schauspieler aus. Fünf Frauen führen durch den Abend. Abwechselnd schlüpfen sie in die Rollen von fünf Dienstmädchen, die auch als Erzählerinnen fungieren, aber sie stellen auch die fünf unverheirateten Bennett-Schwestern dar, ihre Mutter, ihre Freundin sowie Lady Catherine de Bourgh. Und da „Stolz und Vorurteil“ eben doch nicht ohne Männer auskommt, geben die Darstellerinnen auch noch die Herren Bingley und Darcy sowie den schrecklichen Cousin Mr. Collins ab.

Das Ganze ist kurzweilig, dynamisch und witzig, manchmal vielleicht ein bisschen zu schrill und zu laut. Sämtliche Charaktere sind stark überzeichnet, was oft für großes Gelächter im Saal sorgt, aber zulasten der feinen Zwischentöne geht, von denen die Geschichte ja ursprünglich auch lebt.

Sehr originell und gelungen ist auch das Bühnenbild: Die Innenräume kommen mit einem einzigen Drehelement aus, das vier unterschiedliche Räume darstellen kann, und die wechselnden Kostüme kommen aus rustikalen Transportkisten, wie sie oft für Bühnentechnik verwendet werden.

Für die musikalische Untermalung sorgen die immer mal wieder Popsongs singenden Schauspielerinnen sowie ein Musiker, der – wenn gerade nicht im Einsatz – den stummen, unbeteiligten, zeitungslesenden Vater der fünf Mädchen abgibt.

Die Filmschauspielerin Anna Maria Mühe gibt mit „Stolz und Vorurteil oder so“ ihr Theaterdebüt; sie stellt die eigentliche Hauptrolle des Romans dar – Elizabeth Bennett, aus deren Perspektive Jane Austen die Handlung erzählt. Wie auch die anderen vier Damen (Johanna Asch, Mackie Heilmann, Nadine Schori und Birthe Wolter) macht sie das prima!

Die Schattenlichter empfehlen: Hingehen! Im Übrigen fanden auch die Begleiter der Schattenlichter, die „Stolz und Vorurteil“ weder als Buch noch als Film kannten, die Aufführung sehenswert. Sie ist also nicht nur was für hartgesottene Fans und Insider.

Wer die Bühnenfassung der Schattenlichter mit seiner eigenen Theatergruppe aufführen möchte, findet Infos dazu hier.

Infos teilen:

„Die beste Tarnung ist immer noch die blanke und nackte Wahrheit!“

„Die beste Tarnung ist immer noch die blanke und nackte Wahrheit!“

Vor 23 Jahren, im März 2000, spielten die Schattenlichter „Biedermann und die Brandstifter“. Die damalige Frau Biedermann und drei weitere Schattenlichter sahen sich heute im Schlosspark-Theater das wohl bekannteste Stück von Max Frisch an.

Herr Biedermann – im Schlosspark-Theater von Theaterchef Dieter Hallervorden höchstpersönlich gespielt – schwadroniert endlos über die Gefahren des Feuers und über Brandstifter, doch nimmt er gutmütig und vertrauensselig den Ringer Schmitz (Georgios Tsivanoglou) und seinen zwielichtigen Kumpan Eisenring (Mario Ramos) bei sich auf. Auch als sie den gesamten Dachboden mit Benzinfässern vollstellen, erkennt er die Gefahr nicht, sondern hilft seinen vermeintlichen Freunden sogar beim Vermessen der Zündschnur. Er findet immer neue Ausreden und Rechtfertigungen – und schließlich händigt er den Brandstiftern selbst die Streichhölzer aus.

„Scherz ist die drittbeste Tarnung. Die zweitbeste ist Sentimentalität. Die beste aber ist immer noch die blanke und nackte Wahrheit. Komischerweise. Die glaubt niemand!“, sagt Eisenring – und Biedermann pflichtet ihm auch noch bei, ohne das Gesagte auf sich zu beziehen.

Auch wenn Frisch vor 65 Jahren vermutlich andere Brandstifter vor Augen hatte, lässt sich das Stück heute problemlos auf aktuelle Situationen und Menschen übertragen. Den Schattenlichtern gefielen sowohl die überzeugende Darbietung der Charakterrollen als auch das Bühnenbild, das sogar Schattenspielelemente enthielt. Statt die gesamte Bühne zu nutzen, wurde in die Bühne ein Biedermann-Häuschen gebaut, das das Kleine und Beschränkte des Biedermannschen Geistes auch optisch zum Ausdruck bringt.

Ein extrem kurzweiliger Abend!

Nach rund sechs Wochen voller Brandstifterei läuft das Stück am morgigen Sonntag um 18 Uhr zum letzten Mal.

Infos teilen:

„Frauensache“ in der Berliner Erstaufführung

„Frauensache“ in der Berliner Erstaufführung

Die Schattenlichter sind bekennende Lutz-Hübner-Fans, haben bereits zwei Stücke des Erfolgsautors gespielt und unzählige im Theater angesehen.

Bei der Berliner Erstaufführung von Lutz Hübners Stück „Frauensache“ im Kleinen Theater am Südwestkorso durften sie natürlich nicht fehlen.

Wie immer haben sich Lutz Hübner und Co-Autorin Sarah Nemitz ein aktuelles Thema vorgenommen, das kontrovers diskutiert wird.

Anders als sonst – beispielsweise in „Frau Müller muss weg“ oder in „Richtfest“ – gibt es aber nichts zu lachen. Während sonst auch einige komische Wendungen zu verzeichnen sind oder Charaktere trotz ernster Themen auch mal witzige Sachen sagen, lässt das Thema diesmal für heitere Momente keinen Spielraum: Es geht um Schwangerschaftsabbrüche und den erbitterten Kampf der Befürworterinnen und der Gegnerinnen. Dazwischen stehen hilflos die ungewollt Schwangeren und werden zum Spielball der Kämpfenden.

Das Ganze ist in kurzen, knackigen und überzeugenden Szenen Schlag auf Schlag dargestellt – in einem praktischen Bühnenbild, das schnelle Umbauten ermöglicht.

Kein amüsanter Abend, aber ein lohnender! Daher lautet der Tipp der Schattenlichter: Hingehen! Die Gruppe hat das von einem reinen Frauenteam gespielte Stück generations- und geschlechterübergreifend angesehen. Es hat für alle Arten von Zuschauenden viel Mehrwert.

Die nächsten Termine: 21. und 22. Juni 2022

Infos teilen:

Von Castorf erschlagen

Von Castorf erschlagen

Heute Abend wollte niemand den Theater-Tipp schreiben: Drei von uns sind nach zweieinhalb Stunden in der Pause gegangen, drei andere haben nach vier Stunden aufgegeben, und nur einer sitzt immer noch in der Vorstellung. Ihr ahnt schon, worum es geht? Genau, die Schattenlichter waren in der auf sechs Stunden angesetzten Aufführung von „Galileo Galilei“ im Berliner Ensemble, die vor ein paar Tagen ihre Premiere hatte.

Was tun, wenn man von Frank Castorf so erschlagen ist, dass man sich zum Tippschreiben nicht mehr in der Lage sieht? Ich bitte die mit mir Geflüchteten, mir je eine Sache zu nennen, die ihnen gefallen hat. Wer keine großen Ziele erreichen kann, setzt sich eben kleine.

Schattenlicht Nr. 1 lobt das auf einer Drehbühne aufgebaute Bühnenbild, das Blicke in Galileis Forscherstätte und in andere Räume erlaubt. Nr. 2 ist speziell von Galileis Fernrohr angetan, das größer ist als in der Sternwarte auf dem Insulaner. Man kann es hoch- und runterkurbeln, und besonders motivierte Wissenschaftler klettern sogar hinein, um den Sternen noch näher zu kommen. Nr. 3 bewundert die Schauspielkünste und das Durchhaltevermögen des Hauptdarstellers: Der 86-jährige Jürgen Holtz lasst uns live am Denkprozess des Galilei teilhaben und steckt mit seiner Begeisterung für Wissenschaft und Wahrheit nicht nur seinen ebenfalls gut gespielten Schüler Andrea an, sondern auch das Publikum.

Nun drei Dinge, die uns nicht so gut gefallen haben:
Nr. 1: Der Einsatz von Live-Filmen im Theater kann belebend sein, hat aber bei dieser Inszenierung ein Ausmaß angenommen, das auf uns maßlos wirkt: Da dauert eine einzige Szene gerne mal 30 Minuten – die ganze Zeit mit schwankendem Bild, monotonen Hintergrundgeräuschen und gruseligen Nahaufnahmen.
Nr. 2: So maßlos wie die Filmszenen ist in dieser Inszenierung so ziemlich alles – es gibt immer wieder originelle Ideen, die fünf Minuten lang toll wären, aber endlos ausgewalzt werden.
Nr. 3: Oft schaut man nur auf eine Wand statt direkt auf die Schauspieler. Auch das wäre als Stilmittel mal ganz nett, aber nichts über 50 Prozent des Stücks.

Vielleicht hat Castorf ja in den letzten beiden Stunden noch das Steuer herumgerissen. Wir werden es uns vom tapfersten Schattenlicht berichten lassen!

www.berliner-ensemble.de

Infos teilen: