Eine Zeitreise ins West-Berlin der 70er

Eine Zeitreise ins West-Berlin der 70er

Gestern begaben sich vier Schattenlichter auf eine Zeitreise in die 1970er-Jahre in West-Berlin: Das Potsdamer Hans-Otto-Theater zeigte mit seinem Schauspielmusical „Rio Reiser — König von Deutschland“ das Entstehen der Rockband „Ton Steine Scherben“. Dabei gab es nicht nur einen interessanten Einblick in die Zeit der Jugendrebellion und Studentenunruhen gegen Staat, autoritäre Strukturen, alte Nazis und Krieg, sondern auch einige Informationen über die Band und ihren Frontman, die zumindest uns noch neu waren.

Wusstet Ihr etwa, dass sich die Band aus dem trubeligen, politischen West-Berlin auf einen Bauernhof in Nordfriesland zurückzog, um dort besser gemeinsam musizieren zu können, sich aber schließlich desillusioniert und hochverschuldet auflöste? Oder dass Marianne Rosenberg und Rio Reiser befreundet waren und die Presse eine Liaison witterte, da nicht jeder mitbekommen hatte, dass Rio Reiser homosexuell war? Dass die großen Erfolge wie „König von Deutschland“ und „Alles Lüge“ erst in Rio Reisers Solokarriere entstanden? Und dass Rio Reiser nach der Wende die PDS unterstützte, was vielen Fans und Radiosendern missfiel?

Das Musical im Hans-Otto-Theater entwickelte sich im Laufe des dreistündigen Abends immer mehr von einem Bühnenstück zu einem mitreißenden Rockkonzert, da die Musiker und Sänger alles gaben und ein Hit auf den nächsten folgte. Sehr bemerkenswert war die Leistung des Reiser-Darstellers Moritz von Treuenfels, der schauspielerisch und singend gleichermaßen überzeugte. Als Fans der „Tschick“-Inszenierung freuten sich die Schattenlichter auch, den Tschick-Darsteller Eddie Irle nun als Fahrer von Rio Reiser und in diversen anderen Rollen wiederzusehen.
Am besten gefielen den Schattenlichtern die unterschiedlichsten Kostüme und Perücken, von denen das Hans-Otto-Theater einen unendlichen Fundus haben muss. Wahrscheinlich hat man in Potsdam einfach mehr Lagerfläche als in Berlin …

Unser Tipp: Unbedingt versuchen, Restkarten zu bekommen – für die letzten Vorführungen am 22. Mai und am 27., 28. und 29. Juni 2018. Oder, wenn’s nicht klappt, einfach mal wieder ins Hans-Otto-Theater gehen und gucken, wo Moritz von Treuenfels mitwirkt. Beispielsweise gibt es einen Auftritt „Rio Reiser unplugged“ am Samstag, 30. Juni, um 21 Uhr im Rahmen des Festivals „Stadt für eine Nacht“ im Neuen Theater/Glasfoyer – mit Rio Reiser und einem Musiker.

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Autor: Elke Brumm

Elke Brumm ist das dienstälteste Schattenlicht. Bei der allerersten Aufführung im Weihnachtsgottesdienst 1985 in der Pauluskirche war sie noch Zuschauerin, aber schon beim zweiten Stück war sie aktiv dabei - und ist es bis heute geblieben. Neben den spielerischen Aktivitäten ist Elke Brumm das organisatorische Rückgrat der Schattenlichter; die studierte Theaterwissenschaftlerin und Germanistin (FU Berlin) macht für die Schattenlichter auch die Pressearbeit und die Programmhefte. Seit 2015 schreibt sie ungefähr einmal monatlich einen Theater-Tipp für den Freundeskreis der Schattenlichter, denn da die Schattenlichter immer nur im Februar spielen, muss man schließlich auch im restlichen Jahr wissen, wo man kurzweilige und inspirierende Theaterabende verbringen kann.