Madness takes its toll

Madness takes its toll

Dass Theater mit Musik kombiniert wird, erlebt man ja öfter mal. Auch Theater im Zusammenhang mit einer Lesung oder mit Tanz hat man schon gesehen. Aber Theater mit einem Kinofilm?

Es war ein ungewöhnlicher Abend, den fünf Schattenlichter am letzten Augusttag im Freiluftkino Rehberge erlebten: Das Kino hatte zum 14. Mal – wie immer gegen Ende der Freiluftsaison – zur „Rocky Horror Picture Show“ geladen. Dieser Film, der im Sommer 1977 in die Kinos kam und häufig in der englischsprachigen Originalversion gezeigt wird, hat keine besonders aufregende Handlung, weshalb wir hier ausnahmsweise darauf verzichten, sie zusammenzufassen.

Vielmehr sind die Figuren so schrill und einige der Filmsongs so mitreißend, dass „Rocky Horror“ es zu einer Art Kultstatus gebracht hat.

So hat sich zum einen eingebürgert, dass man zum Filmabend in einem Kostüm erscheint, das zu einem der Filmcharaktere passt; zumeist als farbenfroher Travestit, aber gerne auch als buckliger Diener mit strähnigen Haaren. In den Rehbergen war diesmal sogar ein muskelbepackter Jüngling zu sehen, der nur mit einem goldenen Slip bekleidet war und seinem Filmvorbild in nichts nachstand.

Zum anderen gehört zum Kult, dass bestimmte Szenen kommentiert werden: Jedes Mal, wenn der monotone Erzähler, der durch die Handlung führt, zu weiteren Erläuterungen ansetzt, rufen die Filmzuschauer aus vollem Hals: „Boring!“ Wenn der Vorname der weiblichen Hauptrolle fällt (Janet), wird ihr Nachname (Weiss) gerufen. Und wenn der männliche Hauptdarsteller Janet seine Liebe gesteht, stottert das Publikum mit: „I really loved that skil… skil… skilful way …“

Aber auch das Wetter im Film wird imitiert: Wenn es regnet, spritzen die Wasserpistolen im Publikum, dass die Waldbrandgefahr in den Rehbergen für Wochen gebannt ist; wenn es neblig wird, fliegt Mehl, was zusammen mit Wasser einen interessanten Brei auf Haaren, Schultern und Rücken ergibt. Natürlich wird beim Heiraten Reis geworfen. Und das für mich eindrucksvollste Bild war, als Klorollen durch die Luft flogen und lange Klopapierschweife hinter sich her zogen.

Und die eingangs angekündigten Schauspieler? Das Freiluftkino-Team hat den „Rocky Horror“-Kult inzwischen so weit entwickelt, dass unbezahlte Hobbyschauspieler den gesamten 100-minütigen Film auf einer Bühne vor der Leinwand mitspielen. Alle sind leidenschaftlich bei der Sache, super kostümiert und manchmal sogar ein paar Sekunden schneller als das Filmgeschehen! Sehr, sehr witzig!

Ein einziger Wehrmutstropfen war, dass der Film selbst zu leise abgespielt wurde. Vermutlich ist die „Sound“-Anlage dem wilden Geschehen auf der Bühne und im Publikum einfach nicht gewachsen. So waren die „Boring“-Rufe häufig bitterer Ernst, da die eigentliche Filmhandlung akustisch nicht rüberkam. Nun kann man einwenden, dass es bei dieser Show ohnehin schon längst nicht mehr um den Film geht, aber zumindest für Zuschauer, die erst noch zu Fans werden wollen, wäre verständlicher Text hilfreich.

Unsere Empfehlung für 2020: Rechtzeitig Karten sichern, auf einen so lauen Sommerabend wie am 31. August 2019 hoffen und vorher schon mal den Film auf DVD o. Ä. ansehen, falls man ihn noch nicht kennt!

Und wer kurzfristigere Empfehlungen mag: Die Saison im Freiluftkino Rehberge geht noch bis 7. September. Einfach mal ins Programm schauen!

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Autor: Elke Brumm

Elke Brumm ist das dienstälteste Schattenlicht. Bei der allerersten Aufführung im Weihnachtsgottesdienst 1985 in der Pauluskirche war sie noch Zuschauerin, aber schon beim zweiten Stück war sie aktiv dabei - und ist es bis heute geblieben. Neben den spielerischen Aktivitäten ist Elke Brumm das organisatorische Rückgrat der Schattenlichter; die studierte Theaterwissenschaftlerin und Germanistin (FU Berlin) macht für die Schattenlichter auch die Pressearbeit und die Programmhefte. Seit 2015 schreibt sie ungefähr einmal monatlich einen Theater-Tipp für den Freundeskreis der Schattenlichter, denn da die Schattenlichter immer nur im Februar spielen, muss man schließlich auch im restlichen Jahr wissen, wo man kurzweilige und inspirierende Theaterabende verbringen kann.

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