Von 18- und 80-Jährigen

Von 18- und 80-Jährigen

Immer häufiger schaffen es nicht nur gute Bücher, sondern auch populäre Filme auf die Theaterbühne. Einer dieser Filme ist „Harold & Maude“, dessen Bühnenadaption noch heute und morgen Abend im Schlosspark-Theater zu sehen ist. Wie im Film geht es um die Freundschaft zweier äußerst unterschiedlicher Charaktere: den jugendlichen Harold, der einen Selbstmord nach dem anderen inszeniert, um die Aufmerksamkeit seiner egozentrischen Mutter zu erlangen, und die fast 80-jährige Maude, die das Leben exzessiv und unkonventionell genießt und sich eine große Neugier und eine noch größere Menschenliebe bewahrt hat.

Während die beiden Hauptrollen eher ernsthaft und vielschichtig angelegt sind, haben sämtliche Nebenrollen einen Hang zum Klamaukhaften. Das Publikum lacht viel und ist begeistert; insofern ist gegen dieses Konzept offenbar nichts einzuwenden.

Interessant ist das wahre Alter der Hauptdarsteller: Johannes Hallervorden, der im Theaterhaus seines Vaters erste Hauptrollenerfahrung sammelt, wirkt eher wie Mitte/Ende 20 als wie ein 18-Jähriger. Anita Kupsch, die auf der Bühne als Maude ihren 80. Geburtstag feiert, wirkt so wendig und dynamisch, dass man geneigt ist, sie für viel zu jung für diese Rolle zu halten. Ein Blick in Wikipedia verrät jedoch, dass ihr wahres Alter doch ganz gut passt. Eigenartig! Dessen ungeachtet bleibt der Unterschied zwischen den beiden groß genug, um den Spannungsbogen des Films auch auf der Bühne zu erhalten.

Was noch erwähnt werden sollte: Das Stück ist keine Kopie des Films, sondern eine modernisierte und ideenreiche Version, die gute Elemente der Filmhandlung mit neuen Ideen und Charakteren verbindet, beispielsweise einer überzeugend gespielten Robbe. Die einzige Stelle im Stücktext, mit der die Schattenlichter nicht konform gehen, betrifft ausgerechnet das Finale: Bei der dramatischen Zuspitzung am Stückende drängt sich der Eindruck auf, dass hier der Autor Zeit sparen wollte. Der Text lässt den Charakteren nicht genug Freiraum zur Entfaltung und beraubt das Publikum der Möglichkeit, emotional mitzugehen.

Alles in allem hat „Harold & Maude“ aber das Zeug für einen gelungenen Theaterabend, so dass die Schattenlichter empfehlen, schnell noch für heute oder morgen Abend (20 Uhr) Karten zu besorgen — es gibt noch welche — oder sich die zahlreichen Termine in der zweiten Septemberhälfte vorzumerken.

Wer sich fragt, ob es zu diesem Film nicht auch ein Buch gab, wisse: Colin Higgins brachte 1971 zuerst den Film und gleich darauf auch eine Romanfassung heraus. Auch wenn 1971 beides beim Publikum durchfiel, hat der Film mit der eingängigen Musik von Cat Stevens inzwischen Kultstatus.

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Autor: Elke Brumm

Elke Brumm ist das dienstälteste Schattenlicht. Bei der allerersten Aufführung im Weihnachtsgottesdienst 1985 in der Pauluskirche war sie noch Zuschauerin, aber schon beim zweiten Stück war sie aktiv dabei - und ist es bis heute geblieben. Neben den spielerischen Aktivitäten ist Elke Brumm das organisatorische Rückgrat der Schattenlichter; die studierte Theaterwissenschaftlerin und Germanistin (FU Berlin) macht für die Schattenlichter auch die Pressearbeit und die Programmhefte. Seit 2015 schreibt sie ungefähr einmal monatlich einen Theater-Tipp für den Freundeskreis der Schattenlichter, denn da die Schattenlichter immer nur im Februar spielen, muss man schließlich auch im restlichen Jahr wissen, wo man kurzweilige und inspirierende Theaterabende verbringen kann.