Kleinbürgerliches im Schlossparktheater

Kleinbürgerliches im Schlossparktheater

Während die Schattenlichter nach dem Theaterbesuch nach Hause gehen, fängt der Abend für den Bühnenbildner vermutlich erst richtig an: In Brechts „Kleinbürgerhochzeit“ im Schlossparktheater liegt am Stückende so ziemlich alles in Schutt und Asche — von den Möbeln über die Wände bis hin zum Fußboden der Kleinbürgerwohnung. Da wird das Aufräumen und Wiederherstellen der Bühne eine Weile dauern.

Dabei hätte es der schönste Tag im Leben von Braut und Bräutigam werden sollen … Aber dieses Ziel wurde eindeutig verfehlt: Nicht nur langweilte der Brautvater die Gäste mit unpassenden und endlosen Geschichten, berechnete die Mutter und Köchin die Schlagsahne zum Pudding zu knapp, stritten sich die Gäste, deckten das Geheimnis der Braut auf, sangen zotige Lieder und verließen zum heimlichen Vögeln die Party; auch sind sich am Ende die Brautleute nicht mehr grün. Wenn die Gäste da sind, ist es nicht schön, aber wenn sie gehen, ist der dann beginnende Alltag womöglich noch schlimmer.

Das Stück, ein früher Einakter von Bertolt Brecht, ist 99 Jahre alt. Es hielt damals wie heute dem Bürgertum den Zerrspiegel vor, prangerte Geiz und Doppelmoral an und zeigte ausschließlich unsympathische Charaktere. Sinnbildlich für das Kleinbürgerliche ist das Bühnenbild: ein irrsinnig enger, morscher Kasten, in dem sich die Gäste aneinander vorbeiquetschen müssen, kein Platz zur Entfaltung ist und es so eng ist, dass die Mutter mit dem Essenstablett fast die Gäste erschlägt und die Festredner kaum Platz haben, sich für ihre ohnehin sinnlosen Reden zu erheben. Ebenso sinnbildich sind die Möbel des Brautpaares, die der Bräutigam selbst erschaffen hat: Anfangs sind sie der Stolz von Braut und Bräutigam, doch dann stellt sich heraus, dass am Leim gespart wurde und alles nach und nach zusammenbricht. Dem Kleinbürgertum fehlt das Fundament, der Ehe fehlt die Grundlage.

Dieselbe Inszenierung stand ganze 17 Jahre lang — zuletzt sogar mit demselben Schauspielerteam — auf dem Spielplan der Brecht-Heimatbühne, des Berliner Ensembles. Dort strich es der neue Intendant Oliver Reese vom Spielplan, und nun nahm es Dieter Hallervorden ins Programm seines Steglitzer Hauses auf. Heute war es ausverkauft, und das Publikum wirkte ausnahmslos zufrieden und erheitert. Für die morgige Vorstellung (Sonntag, 15.4.2018, 18 Uhr) gibt es noch Karten. Wir können versichern: Auch in der letzten Reihe sitzt man bequem und kann alles gut sehen und hören.

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Autor: Elke Brumm

Elke Brumm ist das dienstälteste Schattenlicht. Bei der allerersten Aufführung im Weihnachtsgottesdienst 1985 in der Pauluskirche war sie noch Zuschauerin, aber schon beim zweiten Stück war sie aktiv dabei - und ist es bis heute geblieben. Neben den spielerischen Aktivitäten ist Elke Brumm das organisatorische Rückgrat der Schattenlichter; die studierte Theaterwissenschaftlerin und Germanistin (FU Berlin) macht für die Schattenlichter auch die Pressearbeit und die Programmhefte. Seit 2015 schreibt sie ungefähr einmal monatlich einen Theater-Tipp für den Freundeskreis der Schattenlichter, denn da die Schattenlichter immer nur im Februar spielen, muss man schließlich auch im restlichen Jahr wissen, wo man kurzweilige und inspirierende Theaterabende verbringen kann.