Lutz Hübner einmal anders

Lutz Hübner einmal anders

Irgendwie haben die Schattenlichter zurzeit ein Händchen dafür, letzte Vorstellungen zu besuchen, die wir nicht mehr weiterempfehlen können, weil die Derniere gelaufen ist. So auch diesmal! Nichts desto trotz ein paar Worte zu „Der Gast ist Gott“, einer Koproduktion unseres derzeitigen Lieblingsautor Lutz Hübner mit den indischen Autoren Vibhawari Deshpande und Shrirang Godbole: Das Stück lief gestern Abend auf der Zweitbühne des GRIPS Theaters im Podewil in der Klosterstraße.

Bisher haben die Schattenlichter bei den vier Lutz-Hübner-Stücken, die sie in den vergangenen Jahren gemeinsam ansahen, immer Verhaltensmuster und Formulierungen entdeckt, die sie als „Lutz-Hübner-typisch“ bezeichneten – beispielsweise den Ausruf „Aus die Maus!“ oder das Auftreten einer Schlägerei gegen Stückende. Diesmal war alles anders, was dem Thema und dem neuen Autorenteam geschuldet sein dürfte.

Der Einakter – die Stückform und -länge immerhin sind „typisch“ – handelt von dem Jugendlichen Boris, der von seiner alleinerziehenden Mutter zu einem Schüleraustausch nach Indien überredet wird. Als Nachrücker hat er sich mit der Kultur seines Gastgeberlandes kaum auseinandergesetzt und staunt über die für ihn fremden Ansichten, Verhaltensweisen und Lebensverhältnisse. Er versucht, die Regeln zu befolgen, versteht sie aber nicht. Was Shea passiert, bis er sich heimlich mit gepacktem Koffer aus dem Haus zu schleichen versucht, ist äußerst kurzweilig.

Stilistisch neu ist, dass die Schauspieler nicht nur ihre Rollen spielen, sondern auch die Rollen der Schauspieler selbst innehaben, die bestimmte Rollen auf eine bestimmte Art interpretieren und darstellen wollen. Das ist lustig, schafft aber auch eine Distanz zum Stück, weil dadurch natürlich der Handlungsfluss unterbrochen wird. So betrachtet der Zuschauer das Stück von außen, so wie Boris aus einer Distanz das neue Land betrachtet.

Sehr originell ist ein Requisit, das in „Der Gast ist Gott“ für allerlei eingesetzt wird: Konfetti in allen Farben stellen mal Konfetti dar, mal aber auch Kuttelsuppe oder verschmutztes Flusswasser.

Da wir dieses Stück zumindest im GRIPS leider nicht mehr sehen können, empfehlen wir den Kauf von Theaterkarten für „Phantom“, ein Stück von Lutz Hübner und Sarah Nemitz, das erst am 7. Juni Premiere hatte. Die Schattenlichter haben es bereits gelesen und können verraten, dass auch hier die Schauspielerebene vielfach zum Einsatz kommt.

Wieder vom 29.6. bis zum 1.7., vom 4. bis zum 4.9., am 3., 4., 27. und 28.10. sowie am 14. und 15.12.2018.
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Autor: Elke Brumm

Elke Brumm ist das dienstälteste Schattenlicht. Bei der allerersten Aufführung im Weihnachtsgottesdienst 1985 in der Pauluskirche war sie noch Zuschauerin, aber schon beim zweiten Stück war sie aktiv dabei - und ist es bis heute geblieben. Neben den spielerischen Aktivitäten ist Elke Brumm das organisatorische Rückgrat der Schattenlichter; die studierte Theaterwissenschaftlerin und Germanistin (FU Berlin) macht für die Schattenlichter auch die Pressearbeit und die Programmhefte. Seit 2015 schreibt sie ungefähr einmal monatlich einen Theater-Tipp für den Freundeskreis der Schattenlichter, denn da die Schattenlichter immer nur im Februar spielen, muss man schließlich auch im restlichen Jahr wissen, wo man kurzweilige und inspirierende Theaterabende verbringen kann.