60 Jahre Bühnenjubiläum

60 Jahre Bühnenjubiläum


Die Schattenlichter bereiten sich auf ihr 40-jähriges Gruppenbestehen vor – ein ganz schön langer Zeitraum, der einen langen Atem erfordert. Umso beeindruckender ist es, wenn jemand bereits seit 60 Jahren auf der Bühne steht – und das nicht nur als Hobby, sondern hauptberuflich. Aus diesem Respekt heraus sahen die die Schattenlichter heute Abend im Schlosspark-Theater die Jubiläumsveranstaltung „Stationen eines Komödianten“ an – zum 60-jährigen Bühnenjubiläum von Dieter Hallervorden.

Hallervorden, 1935 in Dessau geboren, kann man als ausgesprochen umtriebig bezeichnen: Er arbeitet(e) als Schauspieler, Kabarettist, Sänger, Synchronsprecher, Moderator und Theaterleiter. Große Popularität im deutschsprachigen Raum erlangte er Mitte der 1970er Jahre mit der Slapstick-Reihe „Nonstop Nonsens“ und seiner Figur Didi. Ebenso machte er sich einen Namen als Betreiber des Kabaretts „Die Wühlmäuse“ und mit der mehr als 100 Folgen umfassenden Fernsehshow „Spott-Light“.

Im Berliner Südwesten hat er als Retter des damals leerstehenden Steglitzer Schlosspark-Theaters die Herzen der Theatergemeinde erobert: Ende 2008 vergab die Stadt Berlin das Schlosspark-Theater nach einer Ausschreibung an Hallervorden. In einem Alter, in dem andere längst im Ruhestand sind, unterschieb Hallervorden einen zehnjährigen Mietvertrag und ließ mit privatem Geld Umbauarbeiten am Theater durchführen. 2009 nahm die Spielstätte ihren vollen Spielbetrieb wieder auf. Neben zahlreichen Gastspielen von prominenten Kollegen steht Dieter Hallervorden auch selber auf der Bühne, immer von stehenden Ovationen des Publikums begleitet.

Als ob das alles nicht genug wäre, eröffnete Hallervorden vor zwei Jahren – mit 86 – noch eine weitere Spielstätte, und zwar in seiner Heimatstadt Dessau.

In den frühen 2010er Jahren spielte Hallervorden im mehreren Kinofilmen ernsthafte Charakterrollen wie einen alternden ehemaligen Marathonläufer in „Sein letztes Rennen“ (2013) und einen dementen Großvater in „Honig im Kopf“ (2014). Spätestens dann war klar, dass Hallervorden nicht nur Slapstick kann, sondern auch Drama und Tiefgang. Auch im Schlosspark-Theater stehen beide Gattungen auf dem Programm, wobei Komödien den deutlich größeren Anteil haben.

Die Ankündigung des Theaters für die Jubiläumsveranstaltung ließ vor allem heitere Einlagen erwarten: „Dieter Hallervorden lässt sich nicht lumpen und bietet die ultimative Publikumsherausforderung“, hieß es. „Eine Kreuz- (und Quer)fahrt durch die verschiedenen Stationen seiner Bühnenlaufbahn. Kurzum: Mit diesem Programm serviert Hallervorden ein reichhaltiges Unterhaltungsmenü – bestehend aus den Höhepunkten einer Bühnenkarriere – fein gewürzt mit Novitäten.“

Wir fanden diese vollmundige Ankündigung eher abschreckend – und waren dann von dem kurzweiligen Theaterabend angenehm überrascht. Vieles war wirklich lustig, vieles kritisch, vieles gut beobachtet. Die meisten Szenen erfolgten im Zusammenspiel mit Harald Effenberg; dazwischen gab es Filmeinblendungen aus alten Zeiten und die eine oder andere gesungene Einlage. Das ausverkaufte Haus belohnte jede Szene mit viel Applaus und mit Gelächter, und bei der Erwähnung von Hallervordens Alter – 88 3/4 – gab es noch einmal langanhaltenden Applaus. „Wie kann man in diesem Alter so textsicher und körperlich so fit sein“, hörte man in fast jedem Pausengespräch.

Erst als Zugaben gab es dann die alten Didi-Klassiker. Erstaunlich, wie gut man sich im Publikum noch an einzelne Szenen, Töne, Mimik und Redewendungen aus Sketchen der 70er-Jahre erinnern konnte! Dem Publikum der nächsten vier Vorstellungen sei also empfohlen, in jedem Fall auch die Zugaben herauszuklatschen!

Dem bewundernswerten Ausnahmeschauspieler wünschen die Schattenlichter viele weitere tatkräftige Bühnenjahre!

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Dieses Theaterstück ist gut gegen Nordwind

Dieses Theaterstück ist gut gegen Nordwind

Zum dritten Mal innerhalb von sechs Wochen waren die Schattenlichter heute im Steglitzer Schlosspark-Theater. Es ist erstaunlich, was für eine große Bandbreite das Programm des Theaters abdeckt!

Nach dem ernst-erschütternden Ein-Mann-Stück „Die Judenbank“ und dem komisch-satirischen „Biedermann“ gab es nun etwas für Romantiker: „Gut gegen Nordwind“.

Der sympathische Kinofilm mit Nora Tschirner und Alexander Fehling dürfte bekannter sein als die Romanvorlage von Daniel Glattauer. Die Bühnenfassung enttäuscht weder die Fans der Kinovariante noch des Romans. Sie ist nahe am Ursprungstext, gibt ihn aber schlau gekürzt wieder, so dass ein dynamisches Zwei-Stunden-Theaterstück entsteht.

Die Handlung ist schnell erzählt: Bei Leo Leike landen irrtümlich E-Mails einer ihm unbekannten Emmi Rothner. Aus Höflichkeit antwortet er ihr. Und weil sich Emmi von ihm verbal angezogen fühlt, schreibt sie zurück.

Nach anfänglichem Geplänkel entwickelt sich echte Kommunikation und in weiterer Folge eine immer intimere Freundschaft. Immer atemloser warten die beiden Schreibenden auf die jeweiligen Antworten. Und Leos E-Mails sind gut gegen den Nordwind, der Emmi nicht schlafen lässt, wenn er bläst.

Die Versuchung eines persönlichen Treffens steigt. Doch werden die gesendeten, empfangenen und gespeicherten Liebesgefühle einer Begegnung standhalten?

Johannes Hallervorden zeigt Leo als verkopften intellektuellen Sprachwissenschaftler, der seiner langjährigen Beziehung nachtrauert und erst nach einer Flasche Wein aus sich herauskommt. Den Gegenpol Emmi stellt Johanna Marie Bourgeois als spontane, witzige, impulsive und eifersüchtige Frau dar. Der Emmi im Kinofilm war die Ehefrau leichter zu glauben, weil man da Ehemann und Kinder leibhaftig zu sehen bekam.

Das Bühnenbild – zwei kleine, durch eine Wand getrennte Räume – unterstreicht die Einsamkeit der beiden Charaktere. Wenn beide in intimen Szenen gleichzeitig eine Hand an die trennende Wand halten, erinnert das an historische Paare, die trotz ihrer großen Liebe nicht zusammenkommen konnten – etwa Pyramus und Thisbe oder Romeo und Julia. Natürlich ist die Stückvariante moderner: Jedes Zimmer enthält an einem zentralen Punkt einen Laptop, und die Räume sind oft in bläuliches Licht getaucht, das die Atmosphäre angeschalteter Bildschirme wiedergibt.

Im Schlosspark-Theater ist „Gut gegen Nordwind“ noch morgen und übermorgen zu sehen. Danach läuft es voraussichtlich bis zum Jahresende im „Theater Berliner Schnauze“ am U-Bahnhof Frankfurter Tor. Die nächsten Termine dort sind Freitag, der 26. Mai, Pfingstsonntag sowie Donnerstag und Freitag, 1. und 2 Juni. Man kann sich also überlegen, ob man den Theaterbesuch im Theater des Vaters Hallervorden oder des Sohnes absolvieren möchte. Empfehlenswert ist das Stück so oder so! Und nach dem Theaterbesuch empfiehlt sich die Lektüre von Glattauers Fortsetzung der Story: „Alle sieben Wellen“.

www.schlossparktheater.de
www.berliner-schnauze-theater.com

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„Die beste Tarnung ist immer noch die blanke und nackte Wahrheit!“

„Die beste Tarnung ist immer noch die blanke und nackte Wahrheit!“

Vor 23 Jahren, im März 2000, spielten die Schattenlichter „Biedermann und die Brandstifter“. Die damalige Frau Biedermann und drei weitere Schattenlichter sahen sich heute im Schlosspark-Theater das wohl bekannteste Stück von Max Frisch an.

Herr Biedermann – im Schlosspark-Theater von Theaterchef Dieter Hallervorden höchstpersönlich gespielt – schwadroniert endlos über die Gefahren des Feuers und über Brandstifter, doch nimmt er gutmütig und vertrauensselig den Ringer Schmitz (Georgios Tsivanoglou) und seinen zwielichtigen Kumpan Eisenring (Mario Ramos) bei sich auf. Auch als sie den gesamten Dachboden mit Benzinfässern vollstellen, erkennt er die Gefahr nicht, sondern hilft seinen vermeintlichen Freunden sogar beim Vermessen der Zündschnur. Er findet immer neue Ausreden und Rechtfertigungen – und schließlich händigt er den Brandstiftern selbst die Streichhölzer aus.

„Scherz ist die drittbeste Tarnung. Die zweitbeste ist Sentimentalität. Die beste aber ist immer noch die blanke und nackte Wahrheit. Komischerweise. Die glaubt niemand!“, sagt Eisenring – und Biedermann pflichtet ihm auch noch bei, ohne das Gesagte auf sich zu beziehen.

Auch wenn Frisch vor 65 Jahren vermutlich andere Brandstifter vor Augen hatte, lässt sich das Stück heute problemlos auf aktuelle Situationen und Menschen übertragen. Den Schattenlichtern gefielen sowohl die überzeugende Darbietung der Charakterrollen als auch das Bühnenbild, das sogar Schattenspielelemente enthielt. Statt die gesamte Bühne zu nutzen, wurde in die Bühne ein Biedermann-Häuschen gebaut, das das Kleine und Beschränkte des Biedermannschen Geistes auch optisch zum Ausdruck bringt.

Ein extrem kurzweiliger Abend!

Nach rund sechs Wochen voller Brandstifterei läuft das Stück am morgigen Sonntag um 18 Uhr zum letzten Mal.

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Was Monsieur Claude mit seinen Töchtern und Schwiegersöhnen erlebt

Was Monsieur Claude mit seinen Töchtern und Schwiegersöhnen erlebt

Vor einiger Zeit veröffentlichten die Schattenlichter an dieser Stelle einen begeisterten Theater-Tipp für die Inszenierung „Monsieur Claude und seine Töchter“ im Steglitzer Schlosspark-Theater.

Inzwischen hat nicht nur der gleichnamige Kinofilm mit Christian Clavier eine Fortsetzung erhalten, sondern auch das Schlosspark-Theater wartet mit einem zweiten Teil auf. Vier Schattenlichter machten sich heute Abend auf, um zu sehen, ob der zweite Teil mit dem ersten mithalten kann.

Worum geht es? Peter Bause als Monsieur Claude und Brigitte Grothum als seine Frau Marie haben vier liebenswerte Töchter, die nicht gerade zur Freunde ihrer biederen Eltern Männer aus vier ganz verschiedenen Kulturen geheiratet haben.

Zu Beginn des zweiten Teils besuchen Claude und Marie alle Heimatländer ihrer Schwiegersöhne – und vermissen ihr geliebtes Frankreich. Doch dann kommt Claudes Freund und Widerpart André, dargestellt vom 70er-Jahre-Schlagerstar Roberto Blanco, wieder zu ihnen zu Besuch, und es erwartet ihn eine gewaltige Überraschung: Nun will seine Tochter heiraten – aber wen?

Währenddessen versuchen Claudes Schwiegersöhne, Frankreich den Rücken zu kehren und auswandern. Aber da haben sie die Rechnung ohne Claude und Marie gemacht: Die lassen sich allerlei einfallen, um ihren Schwiegersöhnen Frankreich wieder schmackhaft zu machen.

Das Schlosspark-Theater sieht die Komödie als vergnügliches Plädoyer für interkulturelle Toleranz, für die Überwindung von Vorurteilen und für ein friedliches Zusammenleben ohne Ansehen von Hautfarbe, Herkunft und Nationalität.

Das ist sicherlich richtig, nur muss der Theaterbesucherin oder dem -besucher klar sein, dass das Stück diese Werte in einer Mischung von Komödie und Klamauk vermittelt, die auch noch von Gesangseinlagen ergänzt wird, die die Dynamik der Inszenierung nicht unbedingt erhöhen. Ein bisschen gehaltvoller wäre es sicherlich gegangen, ohne an Witz einzubüßen. Dennoch ist es ein kurzweiliger und amüsanter Theaterabend, bei dem man immer wieder schmunzeln oder laut lachen muss.

Die Schattenlichter sind übrigens so jung, dass sie vor dem Theaterbesuch ihr Roberto-Blanco-Wissen mithilfe von Google auffrischen mussten: Seinen größten Erfolg feierte der Schlagersänger 1972 mit dem Titel „Ein bisschen Spaß muss sein“. Er war seit den 1950ern als Schlagersänger, Schauspieler und Entertainer tätig. In wenigen Tagen wird er 85 Jahre alt – auf der Bühne geht er locker als 70-Jähriger durch. Ob er bei „Monsieur Claude“ wohl auch eine Gesangseinlage gab? Die Schattenlichter wollen nicht spoilern – guckt es Euch einfach selbst an!

Zwei Dutzend Vorführungen stehen im Mai und Juni noch auf dem Spielplan. Auf der Webseite ist auch ein Trailer des Stücks zu finden.

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