Vier Millionen Zuschauer für die „Hartmanns“ im Schiller Theater

Vier Millionen Zuschauer für die „Hartmanns“ im Schiller Theater

Über erfolgreiche Kinofilme, die anschließend auch auf die Bühne gebracht werden, haben die Schattenlichter schon häufig berichtet. Schließlich haben auch wir selbst mit „Frau Müller muss weg“ und „Der Vorname“ erst kürzlich solche Erfolgsgeschichten gespielt.

Unser Theater-Tipp gilt diesmal dem Stück „Willkommen bei den Hartmanns“, der ersten Inszenierung, die die Komödie am Kurfürstendamm nach der traurigen Schließung seiner Traditionsbühne nun in seinem Exil im Schiller Theater präsentiert. Sechs Schattenlichter haben sich das Stück gestern Abend angesehen.

Die „Hartmanns“ kamen 2016 ins Kino. Mit einer Starbesetzung wie Heiner Lauterbach, Senta Berger, Florian David Fitz und Elyas M’Barek wurde es der erfolgreichste deutsche Kinofilm des Jahres mit vier Millionen Zuschauern. Der Stoff greift eine aktuelle Thematik auf, die damals sogar noch aktueller war als heute: die Flüchtlingswelle.

Den Simon-Verhoeven-Film hat John von Düffel für die Bühne umgeschrieben; Martin Woelffer erstellte die Regiefassung. Rufus Beck und Gesine Cukrowksi spielen das wohlhabende Ehepaar Hartmann, das sich – eher aus Langeweile als aus sozialem Engagement – entschließt, einen Flüchtling bei sich aufzunehmen. Das bringt Bewegung in die öde heile Welt der Gutbürgerlichen mit ihren Wohlstandsproblemen. Aber so einfach ist es nicht, denn die erwachsenen Kinder und die Nachbarn haben auch ein Wörtchen mitzureden, und natürlich bleiben auch die politisch rechtsaußen angesiedelten Mitbürger nicht untätig.

Martin Woellfer hat die Handlung nach Zehlendorf verlegt, wo Hartmanns eine große Villa besitzen, die auf der Bühne eindrucksvoll nachgestellt ist und das einzige Bühnenbild darstellt. Das Haus überrascht mit vielen Funktionen wie verschiebbaren Fensternischen und sich öffnenden Spalten, die Raum für neue Szenen schaffen. Originell und hübsch!

Naturgemäß spielt ein solches Theaterstück mit einigen Klischees wie den ewigen Versuchen des Herrn Hartmann, sich mit heimlichen Schönheits-OPs ein täglich jüngeres Aussehen zu verschaffen. Aber auch für ernste Themen ist genügend Raum: Als beispielsweise Flüchtling Diallo – Quatis Tarkington – die Geschichte von sich, seiner Familie und seinem Dorf erzählt, ist das ansonsten sehr amüsierbereite Publikum plötzlich totenstill.

A propos Publikum: Dieses wird hin und wieder in die Handlung eingezogen, indem es beim „Flüchtlingscasting“ der Hartmanns mehrere Hundert Geflüchtete darstellt, aus denen die Hartmanns schließlich Diallo auswählen. Dies ist zum einen ein geschickter Schachzug, um keine weiteren Schauspieler auftreten zu lassen, aber es transportiert auch die Botschaft, dass jeder von uns ein Flüchtling ist bzw. sein könnte.

Geflüchtet ist nicht zuletzt auch das obdachlose Komödienensemble – ins Schiller Theater. Das Wiedersehen mit dem 1993 geschlossenen Theaters macht Freunde; irgendwie wirkt es auch nach 25 Jahren Abstinenz noch seltsam vertraut. Außerdem ist es so groß, dass es eigentlich nur hier gelingen kann, die vier Millionen Zuschauer nach und nach zusammenzubekommen, die nach dem Film auch dem Theaterstück zu gönnen wären.

„Willkommen bei den Hartmanns“ wurde vor drei Wochen uraufgeführt. Es ist noch bis zum 28. Oktober täglich außer montags zu sehen. Wer gerade zu viele Termine hat, kann sich auch schon Karten für 2019 kaufen: Da laufen die Hartmanns vom 26. Februar bis zum 10. März.

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„Fly, Edith, Fly“ im BKA Theater

„Fly, Edith, Fly“ im BKA Theater

Wer das Team um Ades Zabel alias Edith Schröder schon einmal gesehen hat – beispielsweise im Neukölln-Musical „Linie 8“ -, mag sich fragen, ob ein neues Programm rund um die Neuköllner Hartz-8-Empfängerin Edith Schröder überhaupt noch eine Steigerung bieten kann. Und ob! Ein Besuch von „Fly, Edith, Fly“ im BKA Theater lohnt sich für Neulinge ebenso wie für eingefleischte Fans. Die unterschiedlichsten Themen werden abgehandelt – angefangen beim BER und beim Fliegen über Neukölln und den Ballermann bis hin zu Alkohol, Drogen und – noch schlimmer! – Schlagergesang.

Die zweieinhalb Stunden des turbulenten Programms vergehen wie im Fluge. Den Schattenlichtern gefallen vor allem auch die Filmaufnahmen, die saukomisch sind und zugleich den Schauspielern Zeit zum Umziehen geben. Außerdem soll man ja unterschiedliche Medien einsetzen, damit sich die Zielgruppe besser konzentrieren kann! Nicht zuletzt macht es den eingefleischten Berlinern im Publikum große Freude, die originell gewählten Drehorte wiederzuerkennen.

Sogar Praktisches zum Mitnehmen bekommen die Besucher an die Hand: einen BER-Werbeaufkleber, von dem sich das echte BER-Team eine Scheibe abschneiden könnte, und das Wissen darüber, welche Nachnutzung der BER eines schönen Tages erfahren wird.

Berlinerinnen und Berliner jeglicher sexuellen Orientierung, wenn Ihr Lust auf Spaß habt, schaut Euch diese Show an! Das geht noch heute und morgen um 20 Uhr oder – mit etwas mehr Vorlauf – vom 17. bis zum 20. Oktober 2018. Infos und Karten unter www.bka-theater.de.

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„Phantom – ein Spiel“ von Lutz Hübner und Sarah Nemitz im GRIPS Theater

„Phantom – ein Spiel“ von Lutz Hübner und Sarah Nemitz im GRIPS Theater

Da wir Schattenlichter derzeit zum zweiten Mal ein Stück von Lutz Hübner und Sarah Nemitz einüben, sind wir ganz scharf auf alles, was auf anderen Bühnen von diesem Autorenteam zu sehen ist. So besuchen wir in dieser Mission bereits das Hans-Otto-Theater in Potsdam sowie das Renaissance-Theater und das GRIPS Theater in Berlin.

Das GRIPS ist mindestens so begeistert von Lutz Hübner wie wir. Es hat derzeit sogar zwei seiner Stücke auf dem Spielplan. Sechs Schattenlichter sahen sich gestern „Phantom – ein Spiel“ an, das seit Juni auf der GRIPS-Hauptbühne am Hansaplatz gezeigt wird.

Kannten wir bisher mit „Frau Müller muss weg“, „Wunschkinder“, „Willkommen“ und „Richtfest“ ausschließlich Lutz-Hübner-Stücke, in denen Menschen beisammen sitzen, die sich anfangs bestens verstehen, im Stückverlauf jedoch vom Hundertsten ins Tausendste kommen und sich schließlich aufs Schlimmste streiten, ist „Phantom“ eine Überraschung. (Zumindest fast – denn ich hatte den Stücktext vorab gelesen …)

Denn „Phantom“ ist ganz anders aufgebaut: Fünf Mitarbeiter eines Schnellrestaurants finden nach Arbeitsschluss ein im Restaurant ausgesetztes Baby. Sie mutmaßen, welche Restaurantbesucherin das Baby wohl abgelegt haben könnte, und versuchen, sich die Beweggründe vorzustellen, die zu einem so drastischen Schritt führen konnten. Im Handumdrehen schlüpfen die Schauspieler in entsprechende Rollen und spielen imaginäre Situationen nach. Immer, wenn der Zuschauer die Gewissheit gewonnen hat, dass ein dargestelltes Szenario richtig ist, kommen wieder andere Gedanken dazwischen und lenken die Handlung in eine andere Richtung.

Wir lernen: So einfach ist es mit den Vorurteilen nicht. Und wir sind gespannt wie bei einem Krimi: Wer war die Täterin? Eine Romni, eine Bulgarin, eine Bosnierin? Und wir zweifeln: Werden wir die Wahrheit je erfahren?

Das Stück sei zwangsläufig spekulativ, erläuterte Co-Autorin Sarah Nemitz. Es gehe dem Autorenteam nicht um Betroffenheit und Mitleid, sondern um Annäherung bzw. Verstehen. Das ist gelungen, denn aufgrund der vielen Rollenwechsel und dem Hin- und Herspringen zwischen Schauspieler- und Rollenebene bleibt eine beobachtende Distanz des Zuschauers jederzeit erhalten.

Regie führte am GRIPS erstmals Petra Zieser, die langjährigen GRIPS-Fans noch als beliebte Schauspielerin bekannt ist, beispielsweise als kichernde blonde Schulschwänzerin „Bisi“ in der Uraufführung von „Linie 1“ im Jahr 1986. Als Schülerinnen wollten meine Freundinnen und ich so werden wie sie! – Petra Ziesers Regiearbeit liegt in den Augen der Schattenlichter ganz auf der GRIPS-Linie: Zackig, modern, originell und nahe an den Zuschauern.

So ist mit „Phantom“ dem Theater ein GRIPS-typischer Abend gelungen, der wieder einmal überraschend anders ist. Zu erwähnen ist auch das fünfköpfige Ensemble, gemischt aus bekannten und neuen Schauspielern, das mit der GRIPS-eigenen Spielfreude und -intensität auftritt, bereits einen eingespielten Eindruck macht und auch mit wenig Kostüm und Requisite viel auszudrücken vermag.

„Phantom“ läuft wieder am heutigen Donnerstag, 4. Oktober, um 19:30 Uhr. Es gibt noch Karten. Empfehlung des Theaters: ab 16 Jahren. Es wird direkt nach der zweistündigen Vorstellung ein Nachgespräch mit dem Team und dem Dramaturgen angeboten.

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„Arzt“ für die Bühne gesucht

„Arzt“ für die Bühne gesucht

Theatergruppe Schattenlichter sucht Mitspieler

Aus: www.berliner-woche.de
Autor: Ulrike Martin (12.09.2018)

Zehlendorf. Die Theatergruppe „Schattenlichter“ sucht einen „Arzt“ für die Bühne, möglichst zwischen 18 und 30 Jahren alt. Auf dem Spielplan steht das Stück „Richtfest“ von Lutz Hübner. Proben sind montags von 18:30 bis 21:30 Uhr oder am Wochenende im Paulus-Gemeindehaus am Teltower Damm. Infos auf www.schattenlichter.info.

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Zehlendorf: Die Theatergruppe Schattenlichter sucht einen Arzt

Zehlendorf: Die Theatergruppe Schattenlichter sucht einen Arzt

Aus: https://www.facebook.com/Zehlendorfaktuell/
Autor: Carsten Scheibe (24.08.2018)

… aber nur für die Bühne! Weil ein neuer Mitspieler vor der ersten Theaterprobe – für das Stück „Richtfest“ von Lutz Hübner – wieder abgesprungen ist, müssen wir kurzfristig die Rolle eines selbstbewussten jungen Arztes (m) neu besetzen. Ideal wäre es, wenn der neue Mitspieler 18 bis 30 Jahre alt wäre.

Die Vorarbeit ist bereits erledigt, am kommenden Montag geht es los mit den Proben. Geprobt wird jeden Montag von 18:30 bis 21:30 Uhr in Zehlendorf-Mitte im Gemeindehaus der Paulusgemeinde; hinzu kommen einige Wochenendtermine, vor allem im Januar und Februar 2019. Aufgeführt wird ziemlich genau in sechs Monaten.

Die Schattenlichter sind eine Hobbytheatergruppe ohne Regisseur; wir erheben keine Mitgliedsbeiträge, es gibt aber auch kein Honorar. Interessenten melden sich bitte über schattenlichter@gmx.de bei Elke Brumm.

Infos zum Stück und die Aufführungstermine finden Sie unter www.schattenlichter.info. (info: Schattenlichter/Foto: CS)

 

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Hilfe! Die „Schattenlichter“ suchen einen Arzt

Hilfe! Die „Schattenlichter“ suchen einen Arzt

Aus: E-Mail-Newsletter des Tagesspiegels für Steglitz-Zehlendorf,
Autor: Boris Buchholz (23.08.2018)

Hilfe! Die „Schattenlichter“ brauchen einen Arzt. Elke Brumm von den „Schattenlichtern“, der Zehlendorfer Hobbytheatergruppe ohne Regisseur, wandte sich kurz vor Redaktionsschluss mit einer dringenden Bitte an mich:

„Wir müssen kurzfristig die Rolle eines selbstbewussten jungen Arztes (m) in unserem nächsten Lutz-Hübner-Stück, ‚Richtfest‘, neu besetzen. Ideal wäre es, wenn der neue Mitspieler 18 bis 30 Jahre alt wäre. Am kommenden Montag geht es los mit den Proben. Geprobt wird jeden Montag von 18.30 bis 21.30 Uhr in Zehlendorf-Mitte (Paulus-Gemeindehaus, Teltower Damm 6); hinzu kommen einige Wochenendtermine, vor allem im Januar und Februar 2019. Aufgeführt wird ziemlich genau in sechs Monaten. Wir erheben keine Mitgliedsbeiträge, es gibt aber auch kein Honorar.“

Interessenten melden sich bitte über schattenlichter@gmx.de bei Elke Brumm. Infos zum Stück und die Aufführungstermine finden Sie unter www.schattenlichter.info.

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Auch Shakespeare hätte seine Freude daran

Auch Shakespeare hätte seine Freude daran

Alle klagen über die Hitze – nur die Schattenlichter nicht! Sie nutzten gestern Abend die Gelegenheit, sich im „Natur-Park Schöneberger Südgelände“ eine Freiluftaufführung der Shakespeare Company Berlin anzusehen.

Damit waren die fünf Schattenlichter angesichts des lauen Sommerabends nicht alleine: Alle 300 Plätze des Freilufttheaters waren vergeben – größtenteils an Spontanbesucher, die das schöne Wetter nutzen wollten, um „Die Zähmung der Widerspenstigen“ zu erleben.

Schon die Platzierung der Spätkommenden, die sich bis 15 Minuten nach dem eigentlichen Stückbeginn hinzog, war ein abwechslungsreiches Spektakel, das von der Shakespeare-Truppe humorvoll und publikumswirksam abgewickelt wurde. Wem bisher nicht klar war, ob er eine stückgetreue oder eine moderne Inszenierung zu erwarten hätte, der ahnte nun, dass es sich wohl um etwas Modernes handeln würde.

Und so war es denn auch: Die in Padua spielende Geschichte der beiden ungleichen Schwestern Katharina und Bianca, von denen die charmante jüngere erst heiraten darf, wenn sich ein Abnehmer für die kratzbürstige ältere gefunden hat, war durchaus wiederzuerkennen, aber doch so pointenreich und kurzweilig dargestellt, dass selbst Shakespeare seine Freude daran gehabt hätte.

Dabei musste das Ensemble nicht auf Requisiten und Kulissen zurückgreifen – diese gab es kaum -, sondern nutzte vor allem das Mittel der Geräuschkulisse: Wenn ein Dialog im ICE (!) Verona – Venedig erfolgte, gaben die nicht in den Dialog eingebundenen Schauspieler Zugfahr- und Bremsgeräusche von sich, die so echt wirkten, dass sie sich kaum von den Geräuschen der Züge des nahen S-Bahnhofs Priesterweg unterschieden. Untermalt mit den passenden Schlingerbewegungen der Zugreisenden, ergab das einen perfekten und urkomischen Rahmen für die Handlung.

Geräusche dieser Art zogen sich durchs ganze Stück. Das Lieblingsgeräusch der Schattenlichter war ganz eindeutig das extreme Magenknurren der kratzbürstigen Katharina, die von ihrem Frischvermählten auf Diät gesetzt wird, um ihre Widerspenstigkeit zu brechen.

Nur drei Schauspielerinnen und drei Schauspieler reichten in der Inszenierung, um alle 17 Charaktere des Stücks darzustellen. Dies gelang nicht etwa durch Streichungen von Rollen, sondern in Sekundenschnelle schlüpften die Schauspieler von einer Rolle in die nächste. Da genügte eine Mütze, um eine Verkleidung anzudeuten, ein hässlicher Anzug oder ein dummer Gesichtsausdruck, um einen einfältigen Diener darzustellen, und einem Liebhaber der Bianca gelang es sogar, eine Liebesszene des Paares ganz alleine darzustellen.

Stücke mit Moral sind ja so eine Sache; einen erhobenen Zeigefinger bekommt man nicht gerne präsentiert. Aber das Ensemble wusste sich gut von der altbackenen Moral des Stücks zu distanzieren, indem es den Zuschauern ironisch-praktische Tipps gab: „Sie sehen, so eine Zähmung dauert ungefähr zweieinhalb Stunden. Sie müssen sie gegebenenfalls mehrmals wiederholen.“

Dafür und für andere Shakespeare-Genüsse ist noch jede Menge Gelegenheit: „Die Zähmung“ läuft heute Abend um 19 Uhr, „Der Sturm“ vom 14. bis zum 17. August um 20 Uhr, „Verlorene Liebesmühe“ vom 21. bis zum 25. August um 19 bzw. 20 Uhr, „Macbeth“ vom 28. bis zum 31. August um 20 Uhr sowie am 1. September um 19 Uhr und „Der Kaufmann von Venedig“ vom 4. bis zum 8. September um 19 bzw. 20 Uhr. Bei schlechtem Wetter steht der Lokschuppen als Theatersaal zur Verfügung, und wenn das Wetter – wie am vergangenen Donnerstag – während des Stückes umschlägt, wird den Zuschauern sogar Zuflucht auf der Bühne gewährt.

 

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Wie war eigentlich das Leben mit der Mauer?

Wie war eigentlich das Leben mit der Mauer?

Damit sich die Jugendlichen von heute vorstellen können, wie sich das Leben im geteilten Berlin anfühlte, gibt es seit März 2018 im Theater Strahl in der „Halle Ostkreuz“ ein entsprechendes Theaterstück: „#BerlinBerlin“. Fünf Schattenlichter machten gestern Abend den Generationentest und stellen begeistert fest: Das ist viel mehr als ein Stück für Jugendliche, hier kommen auch die Zeitzeugen hüben wie drüben voll auf ihre Kosten.

Hüben wie drüben – auch solche Formulierungen hinterfragt das Stück: Wer ist denn eigentlich vor der Mauer, wer ist dahinter? Wer ist durch die Mauer frei – die Nicht-Eingemauerten, weil sie sich frei bewegen können, oder die Eingemauerten, weil sie durch die Mauer geschützt werden? Was macht man eigentlich mit Freiheit?

In „#BerlinBerlin“ geht es um Ingo und seine Familie: Ingo wurde am Tag des Mauerbaus geboren. Sein Vater befindet sich am 13.8.1961 gerade in West-Berlin und beschließt, dort zu bleiben. Bald gründet er dort eine neue Familie, verschweigt seine Ost-Herkunft und fällt nur durch seine starke Ablehnung „dieser scheiß Zone“ auf. Ingo und seine Familie leiden unter dem Verlust. Mehr als 25 Jahre wird es dauern, bis Ingo seine West-Schwester kennenlernt: Während er es in der DDR nicht aushält und einen Ausreiseantrag stellt, missfällt ihr im Westen die Profitorientierung, und sie preist die Vorzüge des Sozialismus.

Die sechs Schauspieler springen in unterschiedliche Rollen und schaffen es in atemberaubenden Tempo, sich von z. B. einer Mutter in ein quengelndes Kleinkind zu verwandeln. Noch beeindruckender wird es, wenn die Darstellerin des Kleinkinds sofort nach Ende der Szene ans Keyboard springt und mit der fetzigen Schauspielerband das nächste in das jeweilige Jahrzehnt passende West- oder Ostlied spielt und den Zeitzeugen im Publikum eine Gänsehaut bereitet.

Ebenso wandlungsfähig wie die Schauspieler ist die Kulisse, die aus einigen Dutzend grauer Mauersteine besteht. Diese können aber nicht nur eine offene oder undurchdringliche Mauer darstellen, sondern auch ein gemütliches Wohnzimmer, eine Mitropa-Gaststätte, Menschen auf „dem“ Bruce-Springsteen-Konzert oder gar Grabsteine auf einem Friedhof. Waaahnsinn!

Nicht zuletzt ist auch die Theaterhalle selbst einen Besuch wert: Ganz bühnenuntypisch gibt es weder einen Vorhang noch eine Bühnenrückwand, sondern die historische Hallenrückwand und ein paar Scheinwerfer reichen aus. Wann und wo wir uns befinden, wird mit klappernder Schreibmaschine jeweils zu Szenenbeginn an einen Wachturm geschrieben bzw. projiziert.

Ein für die Einzelbesucher und Schulklassen gleichermaßen gelungener und erkenntnisreicher Abend – mitreißend, emotional und bei knapp zweieinhalb Stunden Länge erstaunlich kurzweilig! Wer das Stück als Schulklasse besucht, bekommt weitere Einsichten durch das begleitend angebotene Bildungsprogramm der Stiftung Berliner Mauer.

Die Schattenlichter empfehlen: Nach den Ferien allen Bescheid sagen, die man kennt, am besten eine ganze Schulklasse (ab 14) mobilisieren, und ab zum Ostkreuz!

Bis dahin gilt: Schöne Sommerferien!

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Lutz Hübner einmal anders

Lutz Hübner einmal anders

Irgendwie haben die Schattenlichter zurzeit ein Händchen dafür, letzte Vorstellungen zu besuchen, die wir nicht mehr weiterempfehlen können, weil die Derniere gelaufen ist. So auch diesmal! Nichts desto trotz ein paar Worte zu „Der Gast ist Gott“, einer Koproduktion unseres derzeitigen Lieblingsautor Lutz Hübner mit den indischen Autoren Vibhawari Deshpande und Shrirang Godbole: Das Stück lief gestern Abend auf der Zweitbühne des GRIPS Theaters im Podewil in der Klosterstraße.

Bisher haben die Schattenlichter bei den vier Lutz-Hübner-Stücken, die sie in den vergangenen Jahren gemeinsam ansahen, immer Verhaltensmuster und Formulierungen entdeckt, die sie als „Lutz-Hübner-typisch“ bezeichneten – beispielsweise den Ausruf „Aus die Maus!“ oder das Auftreten einer Schlägerei gegen Stückende. Diesmal war alles anders, was dem Thema und dem neuen Autorenteam geschuldet sein dürfte.

Der Einakter – die Stückform und -länge immerhin sind „typisch“ – handelt von dem Jugendlichen Boris, der von seiner alleinerziehenden Mutter zu einem Schüleraustausch nach Indien überredet wird. Als Nachrücker hat er sich mit der Kultur seines Gastgeberlandes kaum auseinandergesetzt und staunt über die für ihn fremden Ansichten, Verhaltensweisen und Lebensverhältnisse. Er versucht, die Regeln zu befolgen, versteht sie aber nicht. Was Shea passiert, bis er sich heimlich mit gepacktem Koffer aus dem Haus zu schleichen versucht, ist äußerst kurzweilig.

Stilistisch neu ist, dass die Schauspieler nicht nur ihre Rollen spielen, sondern auch die Rollen der Schauspieler selbst innehaben, die bestimmte Rollen auf eine bestimmte Art interpretieren und darstellen wollen. Das ist lustig, schafft aber auch eine Distanz zum Stück, weil dadurch natürlich der Handlungsfluss unterbrochen wird. So betrachtet der Zuschauer das Stück von außen, so wie Boris aus einer Distanz das neue Land betrachtet.

Sehr originell ist ein Requisit, das in „Der Gast ist Gott“ für allerlei eingesetzt wird: Konfetti in allen Farben stellen mal Konfetti dar, mal aber auch Kuttelsuppe oder verschmutztes Flusswasser.

Da wir dieses Stück zumindest im GRIPS leider nicht mehr sehen können, empfehlen wir den Kauf von Theaterkarten für „Phantom“, ein Stück von Lutz Hübner und Sarah Nemitz, das erst am 7. Juni Premiere hatte. Die Schattenlichter haben es bereits gelesen und können verraten, dass auch hier die Schauspielerebene vielfach zum Einsatz kommt.

Wieder vom 29.6. bis zum 1.7., vom 4. bis zum 4.9., am 3., 4., 27. und 28.10. sowie am 14. und 15.12.2018.
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Ein gerissener Diener

Ein gerissener Diener

Wer für dünne Münze ins Theater will, hat im Sommer – und dann noch während der Fußball-WM – leichtes Spiel. Beispielsweise lockt das Schlosspark Theater gerade mit einem sogenannten „WM-Rabatt“, bei dem es zwei Karten zum Preis von einer gibt.

Vier Schattenlichter ließen sich davon heute Abend anlocken, überwanden die unangenehme Hürde einer AfD-Demo am Rathaus Steglitz und kamen für sagenhafte 38 Euro (für alle vier zusammen, nicht etwa für jeden!) in den Genuss, Dieter Hallervorden in der Hauptrolle von „Mosca und Volpone“ zu erleben. Nach dem Vorbild der Commedia dell’Arte hat Stefan Zweig dieses Stück 1926 geschrieben, und entsprechend farbenfroh hat es Thomas Schendel inszeniert.

Die Geschichte handelt von dem reichen Venezianer Volpone, der durch seinen Diener Mosca die Nachricht streuen lässt, er läge im Sterben. Umgehend stehen alte Freunde bei ihm Schlange und bringen teure Geschenke, um sich als Alleinerben zu qualifizieren. Die Handlung geht tempo- und ideenreich voran, und in der erst nach 90 Minuten beginnenden Pause wird im Publikum eifrig spekuliert, zu was für einem Ende die Komödie wohl kommen werde. Natürlich kommt es dann völlig anders.

Eine gelungene, stringente Ensembleleistung mit einem beeindruckenden Dieter Hallervorden als Diener Mosca! Wir empfehlen: Fernseher ausschalten, und ab ins Theater!

Noch bis 24.6. zum WM-Tarif oder vom 19. bis zum 24.9.2018 zum Normalpreis. Außerdem gibt es ein Sonderangebot für „Kasimir und Kaukasus“, das den ganzen Sommer über gespielt wird: Im Juli und August haben hier Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren freien Eintritt.

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